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I S S U E N O . 53 [
October 2013]
Karin
Birkner; Christina Burbaum
Suchbewegungen im
Therapiegespräch. Formen der interaktiven Bearbeitung von
Kausalattributionen bei körperlichen Beschwerden ohne Organbefund
Die Verständigung über Krankheitstheorien gilt im
medizinischen und psychotherapeutischen Kontext als wichtiger Bestandteil
der Herstellung eines Arbeitsbündnisses und damit als Voraussetzung für eine
erfolgreiche Behandlung. Als besonders relevant erweist sich die
Einbeziehung von Subjektiven Krankheitstheorien (SKT) und
Kausalattributionen (die als Kernbestandteil von SKT definiert sind) bei
Patient/innen mit "medically unexplained symptoms" (MUS), d.h.
Körperbeschwerden, für die kein eindeutiger somatischer Befund vorliegt und
psychosomatische Erklärungen in Betracht zu ziehen sind. Die Bereitschaft
für eine psychotherapeutische Mitbehandlung setzt bei Patient/innen nicht
nur eine prinzipielle Anerkennung psychosomatischer Zusammenhänge voraus,
sondern auch die Bereitschaft, psychosomatische Erklärungen für die eigenen
Beschwerden in Erwägung zu ziehen. Die Akzeptanz dieser Zusammenhänge steht
jedoch einerseits in einem Spannungsfeld von sozialen
Legitimierungsproblemen und Stigmatisierungsbedrohungen und wird
andererseits dadurch erschwert, dass psychosomatische Zusammenhänge nicht
mit den üblichen medizinischen Diagnosemethoden "sichtbar" gemacht werden
können.
Das vorliegende Arbeitspapier basiert auf einem Korpus
von 44 Therapiegesprächen mit 10 Patient/innen mit MUS, die sich zur
somatischen Abklärung stationär im Krankenhaus befanden und die zu
Gesprächen mit hinzugezogenen Psychotherapeut/innen bereit waren. Unsere
Analysen konzentrieren sich auf die interaktive Bearbeitung von
Kausalattributionen (als zentralem Element jeder SKT) durch die
Patient/innen und Psychotherapeut/innen unter den besonderen Bedingungen von
MUS. Dabei wird ein rekurrentes Verfahren in den Fokus genommen, bei dem
sich der Umgang mit dem Nicht-Wissen (der Beschwerdeursache) als
Suchbewegungen beschreiben lässt, in denen einerseits eine große Offenheit
für Kausalattributionen zum Ausdruck gebracht wird, andererseits aber das
Nicht-Wissen aufrecht erhalten bleibt. Das interdisziplinär zusammengesetzte
Autorinnenteam einer Linguistin und einer Psychologin nutzt als methodischen
Bezugsrahmen die konversationsanalytisch geprägte Gesprächsforschung.
Keywords:
Subjektive
Krankheitstheorien, Kausalattributionen, Medically Unexplained Symptoms,
somatoforme Störungen, Konversationsanalyse, Therapiegespräche
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