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I S S U E N O . 47 [ A u g u s t 2 0 1 0]
Anja Stukenbrock
Überlegungen zu einem
multimodalen Verständnis der gesprochenen Sprache am Beispiel deiktischer
Verwendungsweisen des Ausdrucks so
Auch wenn der Ausdruck
so eine hochfrequente Form im
gesprochenen Deutschen darstellt, scheint er sich hartnäckig allen Versuchen
einer grammatisch stichhaltigen Klassifikation zu widersetzen. Er veranlasst
Linguisten und Linguistinnen entweder dazu, auf einer sehr abstrakten Ebene
einen letzten Rest semantischer und/oder funktionaler Gemeinsamkeit
herauszudestillieren, um am Konstrukt einer grammatischen Einheit festhalten
zu können, oder motiviert sie umgekehrt dazu, ihr linguistisches Objektiv
mit einem höheren Auflösungsgrad auf die empirische Wirklichkeit zu richten
und ihre Datenbefunde in eine stärker differenzierende Theoriediskussion
rückzuführen.
Der Beitrag knüpft an Untersuchungen an, die ausgehend
von einer empirisch fundierten Beschreibung unterschiedlicher Vorkommens-
und Verwendungsweisen des Ausdrucks
so für ein kategoriell differenzierteres Verständnis seiner heterogenen
Erscheinungsformen plädieren. In meiner Analyse geht es um eine eng
umgrenzte Gruppe von so-Instanzen,
die sich dadurch auszeichnen, dass ihr Verständnis untrennbar mit dem
situativ emergierenden Interaktionskontext verbunden ist, in dem die
Teilnehmer einen wechselseitigen audio-visuellen Wahrnehmungszugang
zueinander haben. Die These lautet, dass in diesen Fällen
Projektionsverhältnisse bestehen, die nicht allein auf der Ebene des
Verbalen (inbesondere im Bereich der Syntax) zwischen Elementen derselben
Modalität vorkommen, sondern die sich durch ihre multimodale,
ressourcenübergreifende und diese miteinander vernetzende Qualität
auszeichnen. Die Analyse verfolgt Ziel, die komplexen
Projektionsverhältnisse zwischen verbalen und visuellen Ausdrucksressourcen
beim deiktisch-gestischen Gebrauch des Ausdrucks
so darzulegen. Als Ergebnis
werden vier verschiedene Konstruktionstypen ermittelt, die sich durch die
Art und Weise unterscheiden, wie das Deiktikon
so in den verbalen Kontext
eingebettet ist. Allen vier Typen ist jedoch gemeinsam, dass das Deiktikon
so als Kontextualisierungshinweis
auf eine vom Sprecher ausgeführte und vom Adressaten visuell wahrzunehmende
Handlung fungiert.
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